Tod und Wiedergeburt

Lama Ole Nydahl Interview

Im Interview mit dem Redaktionsteam der Zeitschrift „Buddhismus Heute“ berichten Lama Ole Nydahl und Caty Hartung über die Entstehung des Buches.

Über zwanzig Jahre hinweg haben sie Material gesammelt. Sie erklären, wie es ihnen gelang, das Wissen der Tibeter über Tod und Wiedergeburt für die Menschen im Westen verständlich zu beschreiben – unter anderem aufgrund der Nahtod-Erfahrungen, die Ole Nydahl selbst gesammelt hat.

Das Interview enthält viele Hintergrundinformationen, die man begleitend gelesen haben sollte. Es ist quasi das „Making-of“ zum Buch „Von Tod und Wiedergeburt“.






 


Lama Ole Nydahl

Frage: Der Tod ist für die meisten Menschen kein Thema an das man gerne denkt. Warum hast du dieses Buch geschrieben?

Lama Ole Nydahl: In der heutigen Welt hat der tibetische Buddhismus viel und einzigartiges Wissen auf diesem Gebiet. Er trägt erstaunliche Einsichten zu den Prozessen beim Sterben bei und erklärt, was danach geschieht ... der Diamantweg-Buddhismus erklärt zusätzlich die psychologischen Prozesse, die hier stattfinden und wie man Wesen zur bestmöglichen Wiedergeburt bringen kann.

Frage: Das ist ziemlich fortgeschrittenes Wissen. Ist das Buch vor allem für die allgemeine Öffentlichkeit, für Buddhisten oder nur für deine Schüler geschrieben worden?

Lama Ole Nydahl: Jeder wird irgendwann sterben, also sollten alle es nutzen können ... Jedes Wissen, jede Erfahrung und jedes Verständnis in diesem Bereich ist ausgesprochen wichtig, denn zurzeit ist der Tod ein schwarzes Loch in unserer gemeinsamen Bewusstheit. Es ist etwas, bei dem die Menschen entweder glauben, beeinflussbar sind oder nicht daran denken wollen.

Caty Hartung: Die erste Hälfte des Buches wurde in der Weise geschrieben, dass es jedem helfen kann. Man muss kein Buddhist sein, um davon Nutzen zu haben.

Das für mich wichtigste Kapitel ist, wie man die Prozesse des Sterbens und des Todes nutzen kann, um sich zu entwickeln. Dies war der Hauptgrund dafür, das Buch zu schreiben ... Dieser Augenblick ist nicht der schlimmste Moment des Lebens. Es ist eine Chance, eine großartige Gelegenheit, auf die man sich vorbereiten und der man entgegensehen sollte. Als Buddhist ist es die Möglichkeit, Erleuchtung zu erlangen. Es ist der Höhepunkt des Buches, der die Sichtweise des Lesers völlig umdreht und ihm neue Perspektiven zeigt.

Frage. Kannst Du mehr über dieses Kapitel erzählen?

Caty Hartung: Es ist dieser Wendepunkt, der Oles Buch so besonders macht. Dieser Optimismus wird selten so klar ausgedrückt. Das gesamte Buch hat dieses Leitmotiv, dass der Moment des Todes tatsächlich eine große Chance ist für jeden, der fähig ist, seinen Geist zu kontrollieren. Eine große Motivation, um das eigene Leben mit Meditation zu bereichern.

Lama Ole Nydahl: Wir dachten an einen Untertitel „Den Tod als Weg nutzen“. Dieser Optimismus wird so stark ausgedrückt, weil ich durch eine Nahtod-Erfahrung selbst erfuhr, dass die Belehrungen unserer hohen Lamas völlig stimmen. Ihre Beschreibung eines Reinen Landes ist zusätzlich durch meine eigene Erfahrung gesichert.

Caty Hartung: Lama Ole ist DER Experte zum Sterben. Er lehrt jedes Jahr Tausenden von Menschen Phowa. Und im Tod wendet man diese Methode an ...

 

Frage: Wie sollte man das Buch lesen, wenn man noch nichts über Buddhismus weiß und nur das Buch in die Hände bekommt?

Lama Ole Nydahl: Ich würde sagen, Kapitel für Kapitel und sich dafür Zeit nehmen. Oder sich kurz beim ersten Mal einen Überblick verschaffen und sich dann später tiefer in das erwünschte Material einarbeiten. Es ist ein praktisches Buch, um das Sterben zu lernen. Es wird tief im Geist heranwachsen ...

Frage: Was ist die Grundaussage des Buches? Was sollten die Leser nach dem Lesen hoffentlich in Erinnerung behalten?

Lama Ole Nydahl: Dass Menschen, die allgemein gut gelebt haben, wenig Angst haben müssen. Sie können dann offen über das Sterben nachdenken und es zu einem Teil ihres Lebens machen. Die Kulturen, in denen der Tod als ein natürlicher Fluss oder eine Fortsetzung des Lebens gesehen wird, sind auf diesem Gebiet weniger neurotisch als unsere. Sie haben nicht dieses große Fragezeichen am Ende des Lebens. Man hat hier ein ganzheitliches Gefühl wie zu den Jahreszeiten in der Natur – wir werden geboren, leben, sterben und werden wieder geboren. Ich denke, dass das sehr ausgleichend wirkt.

Frage: Dieses Buch war ein 20-Jahres-Projekt. Du hast schon seit den 90er Jahren daran gearbeitet. Warum hat es so lange Zeit gebraucht?

Lama Ole Nydahl: Oh, das übliche – wir schrieben zehn andere Bücher währenddessen und starteten in der Zwischenzeit 600 Diamantweg-Zentren, mit zwei Reisen rund um die Welt jedes Jahr (Ole lacht). Damals hatten wir auch noch keinen Verleger und plötzlich bekamen wir einen der wusste, wie wichtig das Gebiet ist ...

Caty Hartung: Wir mussten auch noch viele Erfahrungen machen ... Die Belehrungen mussten mehr abgeklärt werden ...

Lama Ole Nydahl: Wir haben mit dem Thema viel Verantwortung übernommen. Das bedeutet, dass wir uns sicher sein müssen.

Caty Hartung: Es wäre auch nicht nützlich gewesen, dieses Buch nach Sogyal Tulkus großem Erfolg zu veröffentlichen ... Ich denke, dass jetzt ein guter Moment dafür ist, dass etwas Neues und Praktisches herauskommt ...


Dies sind Auszüge aus dem Interview mit Lama Ole Nydahl und Caty Hartung zum Buch „Von Tod und Wiedergeburt“. Die Fragen wurden zusammengestellt von verschiedenen Redaktionen der internationalen Ausgaben der Zeitschrift “Buddhismus Heute”. Das Gespräch wurde am 31. Dezember 2010 in Prag, Tschechische Republik, aufgezeichnet.

 

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